Boxen als «Zirkus»: Furys Schaukampf in Saudi-Arabien

Boxen als «Zirkus»: Furys Schaukampf in Saudi-Arabien

Natürlich darf auch Mike Tyson bei dieser wilden Show-Schlägerei nicht fehlen. Ausgerechnet die Box-Legende, der Weltmeister Tyson Fury seinen Vornamen zu verdanken hat, bereitet den Gegner des Briten auf das Kampfspektakel in Saudi-Arabien vor.

Mit großem Tamtam tritt der frühere UFC-Star Francis Ngannou am Samstag (gegen 23.40 Uhr MESZ/DAZN) gegen den selbst ernannten Gipsy King an. Tyson ist Teil des Teams um den Ex-MMA-Champion Ngannou. Der Käfigkämpfer wagt sich zum ersten Mal gegen einen Profi in einen klassischen Boxring über zehn Runden. «Er hat viel Wissen über das Boxen. Er wird Francis eine Menge beibringen», lobte Fury in einem Interview der «Daily Mail».

Das ungewöhnliche Duell sorgte schon lange vor dem ersten Runden-Gong in jeglicher Hinsicht für Krach. In einem Video inszenierten sich die beiden Boxer als Superhelden. Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo, mittlerweile in Diensten des saudi-arabischen Clubs Al-Nassr, war unter anderem in dem Clip zu sehen. «Das ist etwas, das noch nie zuvor jemand gesehen hat», sagte Promoter Bob Arum pathetisch bei der Pressekonferenz und sprach von einem «historischen» Event.

Die Organisatoren steckten enorme Summen in die Reklame für das sportlich wertlose Scharmützel. Und das geht auch zulasten der TV-Zuschauer. Deutsche DAZN-Nutzer, die eigentlich einen Abo-Preis für alle Inhalte zahlen, müssen für den Schaukampf und die Vorkämpfe zusätzlich 14,99 Euro investieren. Zum Vergleich: Das übliche Monatsabo kostet je nach Variation zwischen knapp 30 und 40 Euro.

Für Fury ist Mike Tyson eine «lebende Legende»

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte Fury für sein Engagement in Saudi-Arabien. Das Land steht wegen der Menschenrechtslage und sogenanntem Sportswashing in der Kritik. Vermehrt sucht das Königreich seit Jahren in allen Richtungen nach Raum im Sportkosmos. Erst im Sommer waren die Clubs des Landes auf großer Einkaufstour im europäischen Top-Fußball unterwegs – und brachten dabei viele namhafte Käufe wie Neymar oder Karim Benzema mit.

Die großen Namen nützen Herrscher Mohammed bin Salman. Auch Bilder des Box-Idols Mike Tyson oder Fury selbst machen sich gut. Das einstige Idol seines Vaters auf der Gegenseite stört den Briten Fury nicht. «Ich denke, es spielt keine Rolle, wer ihn genau vor dem Kampf trainiert. Er muss gegen Tyson Fury antreten – und der ist für niemanden ein einfacher Gegner», sagte er in bewährt selbstbewusster Boxer-Manier. Fury bezeichnete Tyson dennoch als «lebende Legende».

Furys Kontrahent Ngannou, der als früherer UFC-Champion als «Baddest Man on the Planet» («Schlimmster Mann des Planeten») galt, hat den Ruf als sehr harter Schläger – ebenso wie Fury. Allerdings fehlt ihm die Ring-Erfahrung. Zudem hat Ngannou seit etwa zwei Jahren nicht mehr gekämpft. Das Publikum dürften diese Feinheiten wohl weniger interessieren.

In dem Duell steht nicht Furys Schwergewichts-WM-Titel des Verbands WBC auf dem Spiel, falls er besiegt werden sollte. Das Aufeinandertreffen wird aber dennoch vom Verband als üblicher Kampf gewertet. 2015 hatte Fury überraschend Wladimir Klitschko bezwungen und war so Weltmeister geworden. Später gab der 35-Jährige alle Titel auf. Der in Manchester geborene Hüne kämpfte gegen Depressionen und Drogenkonsum. 2018 kehrte er in den Ring zurück, holte sich den WM-Titel gegen Deontay Wilder zurück.

Vorbereitung auf Top-Kampf gegen Usyk

Der Kampf soll vornehmlich die Fury-Kassen füllen. Es heißt in verschiedenen Medienberichten, Fury bekommt 50 Millionen Dollar (knapp 47,4 Millionen Euro) für seinen Auftritt. Das Kalkül der Promoter geht aber über das Vorgeplänkel gegen Ngannou weit hinaus, denn der Brite steht vor seinem wohl wichtigsten Kampf in der Karriere. Es ist auch der wichtigste Schlagabtausch in der jüngeren Boxgeschichte.

Fury wird im Dezember oder Januar in Saudi-Arabien gegen den Schwergewichts-Boxweltmeister Oleksandr Usyk antreten. In dem Vereinigungskampf geht es um die Titel aller bedeutender Verbände. Der Ukrainer Uysk trägt die Titel der WBA, WBO und IBF. Der Sieger darf sich als unumstrittener Champion im Schwergewicht krönen lassen.

Usyks Manager Egis Klimas machte sich auf der Plattform X, ehemals Twitter, vor einiger Zeit über den Schaukampf von Fury lustig: «Der größte Witz aller Zeiten im Boxen!!! Es tut mir leid, aber es geht nicht um Boxen, sondern um Zirkus.»

Von Felix Schröder, dpa