Kampf ums olympische Boxen: Weltverband droht der Knock-out

Kampf ums olympische Boxen: Weltverband droht der Knock-out

Das olympische Boxen kämpft gegen den Knock-out, die vielleicht entscheidende Schlussrunde steht bevor.

Richtungsweisend für die Olympia-Zukunft der Sportart ist die außerordentliche Sitzung der IOC-Exekutive und des deutschen Präsidenten Thomas Bach am Donnerstag. In dieser könnte das Internationale Olympische Komitee der seit 2019 suspendierten International Boxing Association (Iba) offiziell die Anerkennung entziehen.

In den Startlöchern steht schon ein Konkurrenzverband namens World Boxing. Die heftig umstrittene Iba wehrt sich mit allen Mitteln gegen das Aus, vor dem Internationalen Sportgerichtshof blieb ihr Einspruch aber ohne Erfolg. Die Unsicherheiten in der Szene sind groß. 

«Ein grundsätzliches Aus ohne die Alternative in Form eines neuen Weltverbands würde dramatische Verluste bedeuten», sagte Michael Müller, Sportdirektor des Deutschen Boxsport-Verbands (DBV), der Deutschen Presse-Agentur. Sollte das IOC die Iba aus der olympischen Familie endgültig ausschließen, wäre das Boxen erst einmal ohne olympischen Verband. 

«Das bedeutet, dass man alles unternehmen muss, dass es wieder eine olympische Anerkennung findet. Das Modell eines neuen Weltverbands ist eine Option», sagte Müller. Wenn diese Pläne durchkreuzt werden sollten, drohe «fast die ganze Abwicklung des hauptamtlichen Trainerpersonals» und auch «die Förderung der Athleten würde drastisch eingeschränkt», schob Müller hinterher. 

Iba wehrt sich

Die IOC-Entscheidung setzt möglicherweise den Schlusspunkt einer jahrelangen Auseinandersetzung. Aus Sicht ihrer Kritiker steht die Iba für Korruption, Führungsprobleme und Wettbewerbsverzerrung. Die in die Enge getriebene Vereinigung wiederholte zuletzt vehement, an entscheidenden Stellschrauben gedreht zu haben. Der umstrittene russische Verbandspräsident Umar Kremlew warf dem IOC vor, dass es «kein Interesse daran hat, unsere enormen Fortschritte anzuerkennen». Auf den drohenden Ausschluss aus dem olympischen Kreis reagierte der Weltverband emotional. Die Iba sprach von einer «abscheulichen und rein politischen» Empfehlung.

Beobachter halten die angeführten Änderungen für Nebelkerzen. Die Iba sieht das ohne große Überraschung anders und versuchte ihr Glück mit einem Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas – ohne Erfolg. Der Eilantrag wurde am Dienstag abgewiesen. Die IOC-Exekutive hatte dem Ringeorden empfohlen, der Iba die Anerkennung zu entziehen. Gleichzeitig machte sie sich für einen Erhalt des Boxens im Programm der Olympischen Spiele 2024 in Paris stark.  

In der Boxszene scheint das Aus dagegen teils schon beschlossene Sache. «Die Iba wird den olympischen Status verlieren. Daran gibt es jetzt keinen Zweifel mehr», wurde der Präsident des niederländischen Box-Verbandes, Boris van der Vorst, vom Deutschlandfunk zitiert.

Streit dauert schon länger an

Der Kampf zwischen dem olympischen Dachverband und der Iba wird schon mehrere Runden ausgeführt. Die Iba ist vom IOC seit 2019 unter anderem wegen dubioser Verbandsführung und fehlender finanzieller Transparenz suspendiert. In der Folge sollte sich der Verband erholen und an den Kritikpunkten feilen. In einem jüngst vollendeten Bericht stellte das IOC fest: Die Iba hat die auferlegten Bedingungen nicht erfüllt, die das IOC im Dezember 2021 für eine Wiederzulassung festgelegt hatte. 

Als eine der damaligen Konsequenzen nach der Suspendierung wurde das Boxen aus dem olympischen Programm für die Spiele 2028 in Los Angeles gestrichen. Die Qualifikation für Paris 2024 und die olympischen Kämpfe liegen in den Händen einer vom IOC eingesetzten Taskforce. So war es auch schon bei Olympia in Tokio. Das IOC akzeptiert zudem die Turniere der Iba nicht als Grundlage für eine Olympia-Qualifikation.

Die Blicke der nationalen Verbände gehen schon länger in die Richtung des neu ins Leben gerufenen Konkurrenzverbands World Boxing, der im November offiziell gegründet werden soll. Der deutsche Verband ist noch kein Mitglied in der Vereinigung. Die Entscheidung über die Beteiligung muss die Generalversammlung treffen. Auch wegen Kritik der Iba ist der DBV noch in Lauerstellung. «Wir haben uns über World Boxing informiert. Alles andere kann ich wegen laufender Verfahren noch nicht kommentieren», sagte DVB-Sportdirektor Müller.

Felix Schröder, dpa